Ausgeklügelte Diagnosesysteme, umfangreiche Sensorik oder anfällige Detaillösungen, die auf eine begrenzte Lebensdauer ausgelegt sind? Da sagt Marcus Hönig ganz klar: NEIN, DANKE! Der Herzberger LKW-Enthusiast kennt die Rallye-Breslau und Baja-Deutschland aus dem Effeff und daher kam ihm kein anderer Untersatz als der bestens bewährte und hoch geländetaugliche MAN Kat1 der Bundeswehr ins Haus, der schon in den 80er Jahren bei der Dakar gezeigt hat, aus welchem Holz dieses Fahrzeugkonzept geschnitzt ist.

Gegenwind von der Gattin Andrea? Im Gegenteil, denn sie sitzt zeitweise bei ihm im Führerhaus und schafft im Dreier-Gespann zu 100 Prozent mit, so dass man auch das kommende Wasserloch erfolgreich überwindet. Besser geht’s nicht, oder? Ein Rallye-Traum geht in Erfüllung und das auf einem Untersatz „Made in Germany“, wo dieses Kürzel noch Bestand hatte. Das beweist schon allein das Baujahr des LKWs der damit schon mehr als 40 Jahre auf den Buckel hat.

Doch bevor wir Gefahr laufen in die Tiefen der 20-jährigen MAN Kat 1 Entwicklung durch MAN, Deutz, Büssing, Krupp und Hentschel sowie Mercedes nach der Vorgabe „Es muss einem Kampfpanzer im Gelände folgen können“ abzutauchen, nun zu den Spezialitäten am Hönig-KAT1. Nebenbei sei erwähnt, das eine entsprechende Historie zum MAN Kat 1 unter der Rubrik TRUCKS auf OFFROADCRACKS geplant ist.

Warum gerade ein KAT, fragten wir Marcus. „Einfach deshalb, da dieses Fahrzeug von Haus aus für den harten Offroad-Einsatz konzipiert wurde und mit zuverlässiger Technik ausgestattet ist wie im Fall des luftgekühlten V8-Deutzmotors mit über 12 Litern Hubraum.“ Und damit hat Marcus zu 100 Prozent recht. Denn welcher aktuelle LKW – egal welches Fabrikat – besitzt ein derart überlegenes Fahrwerk-Konzept für die notwendige Achsverschränkung zur Realisierung des lebensnotwendigen Bodenkontakts bei gleichzeitig unerreichtem Fahrkomfort? Zudem ist das Thema Bodenfreiheit durch ein monströses Achsdifferential ebenfalls nicht existent, da die entwickelten Mercedes-Achsen über Außenplaneten verfügen, was die Baugröße des Differentials extrem klein hält und zudem als äußerst robust gilt. Somit ist die Bodenfreiheit des MAN KAT 1 bislang unschlagbar.

Technische Kurzdaten MAN KAT1 Hönig ©OFFROADCRACKS

 

Um diese Eigenschaft noch zu optimieren hat Marcus seiner „Katze“ (Abkürzung für MAN KAT) 16.00 R20 XZL von Michelin spendiert. Damit gewinnt er nicht nur ein paar Zentimeter an Höhe, sondern reduziert die Motordrehzahl bei Höchstgeschwindigkeit. Letzteres ist jedoch im Fall einer Breslau Rallye nicht wirklich federführend, denn hier entscheidet eine gute Navigation sowie eine clevere Fahrweise für einen Platz auf dem Podium. Denn die 2018er Breslau hat mal wieder bewiesen, dass umsichtige Vorgehensweise der Schlüssel zum Erfolg ist.


Anmerkung der Redaktion: „Wir waren selbst in der Motorrad-Kategorie zur Weiterentwicklung einer Rallye-Maschine bei der Breslau Rallye 2018 am Start und durften alle Gegebenheiten unter die Lupe nehmen.“


Dass die Katze im Gelände auch nach über 40 Jahren nach wie vor das Maß der Dinge ist, ist nicht nur bemerkenswert, sondern begeistert Jung und Alt. Dementsprechend fällt auch die Teamstruktur beim Hönig-Racing Truck-Team aus. Mama, Papa, Tochter, Söhne und Freunde sind ein eingeschweißtes Team und wissen worauf es bei einer Rallye ankommt.

So tauscht man über die Etappen die Co-Piloten-Sitze regelmäßig, so dass jeder aus dem Team einmal in den aktiven Genuss einer Rallye kommen darf. Die Rallye Breslau gehört in der Extreme-Klasse sicherlich nicht zu einer Weichspüler-Rallye, wo es nur um Speed und gute Navigation geht. Die Extrem-Spots, die hier von Marcus Hönig und seinem Team durchfahren werden, verlangen Mensch und Material alles ab.

Aus diesem Grund musste Marcus noch weiter Hand an seiner Katze anlegen, was im Vergleich zu einem „normalen“ LKW als mögliche Basis minimale Veränderungen darstellt. So wurde der große Batteriekasten mit vier Batterien auf der Fahrerseite hinter dem Rad demontiert und die Spannungsversorgung auf die Ladefläche verlegt.

Identisches gilt für den an gleicher Position aber auf der Beifahrerseite sitzenden 270 Liter fassenden Serientank in V-Form. Dieser ist zwar ideal für steile Auf- und Abfahrten, da seine spezielle Form verhindert, dass das Kraftstoffsystem bei niedrigem Füllstand Luft ansaugt. Aber die gut 250 Kilogramm weniger auf der Vorderachse plus die vier Batterien für den Startvorgang und verschiedene Verbraucher schonen zusätzlich die Vorderachse, die ohnehin 5-Tonnen Nutzlast im Serienzustand aufnehmen muss. Zudem besteht beim Rückwärtsfahren im Gelände keine Gefahr mehr für Tank und Batteriefach. Zugleich hat man das Tankvolumen zu Reichweitenerhöhung auf 400 Liter aufgestockt. Auch das auf der Beifahrerseite mit gut 180 Kilogramm montierte Ersatzrad wurde inklusive der Hebevorrichtung ans Rahmenheck verlegt. Hierfür musste die Ladefläche gekürzt werden, was nochmal das Gesamtgewicht reduziert und die Fahrzeugbalance verbessert.

Gekürzte Ladefläche, am Heck montiertes Reserverad

Für die Fahrzeugbalance: Nach hinten verlegter 400l-Kraftstoff-Tank samt Reserverad

Im Fahrerhaus selbst findet man die üblichen Verdächtigen für eine rallyetaugliche Ausstattung: Innenliegender Überrollkäfig mit Anlehnung an die FIM-Vorgaben, Tripmaster, Vollschalensitze und 3-Punkte-Gurte. Eine Besonderheit ist die Verlegung der Bedienknöpfe aller Verbraucher in Richtung Co-Piloten. Das hat den Vorteil, dass sich Marcus vollständig aufs Fahren im Gelände konzentrieren kann und die Hände außer zum Gangwechsel nie vom Lenkrad müssen.

Auch das Bedienen der Sperren (Mitte und Hinten) wird vom Co-Piloten auf Zuruf übernommen, was ebenfalls für Scheibenwischer und Hupe gilt. Zum Schutz vor Ästen und Büschen montierte man einen Astabweiser sowie ein Gitter vor der Windschutzscheibe, um Schäden an selbiger zu verhindern.

Fahrwerkstechnisch setzt man auf Bewährtes und arbeitet branchenüblich mit Achsfangbändern und Endanschlagpuffern, um bei Sprüngen die Achsen nicht bis zum Endanschlag der Dämpfer ausfedern zu lassen, sondern kurz davor einfängt. Ebenso gilt dies für das Einfedern bei einer harten Landung durch passend große Anschlagpuffer, so dass es keine Schäden an der Achse erzeugt, sobald der Einfederweg bis auf Block vollständig ausgenutzt wird und Metall auf Metall trifft.

Für eine geringere oszillierende Masse an den Achsen sorgen deutlich leichtere Hutchinson-Leichtmetall-Felgen mit Beadlock-System. Letzteres sorgt dafür, dass mit äußerst niedrigem Luftdruck gefahren werden kann, ohne dass sich der Reifenmantel bei einer Kurvenfahrt selbständig von der Felge löst.

Hinsichtlich der Wandlerschaltkupplung kann man diese mittels manueller Schaltung optimal für den Geländeeinsatz beeinflussen, was in der Serie nicht möglich ist. Für eine Vergrößerung der Böschungswinkel sorgen nicht nur die 16er Reifen, sondern auch die gekürzte Ladefläche und die verstärkte schräge Frontstoßstange. Mehr ist es nicht, was an einem serienmäßigen MAN Kat1 4×4 verändert werden muss, so Marcus Hönig. Auch das kostenintensive Nachrüsten einer Vorderachs-Sperre erachtet er als überflüssig, da er wie er selbst sagt bislang aus jedem Schlammloch herausgekommen ist. Aber das ist der heutige Trend zu „Muss ich haben“ auf biegen und brechen.

Ansonsten befindet sich der MAN Kat1 im Serienzustand und beweist sich von Jahr zu Jahr auf den Mehrtages-Rallyes, an denen das Hönig-Racing-Team teilnimmt.

Modifikationsliste MAN KAT1 Hönig ©OFFROADCRACKS

Rückblick Rallye-Breslau 2018

Vorneweg kann man sagen, dass die Katze vom Hönig-Racing-Team mit einem Podiumsplatz eine beeindruckende Rallye absolviert hat. Und man darf mit einem breiten Schmunzeln feststellen, dass der erste und zweite Platz ebenfalls von einer Katze belegt wurde, was auch für die Folgeplätze gilt – ein Beweis für das ausgereifte Fahrzeugkonzept MAN KAT 1, trotz einem Alter von mittlerweile 40 Jahren? Und ob!

Trotz weniger Widrigkeiten während der neun Renntage musste das Hönig-Team mit einem abgesprungen Keilriemen im Sumpf kämpfen, ein abgerissenes Zugseil an der Seilwinde flicken sowie eine defekte Frontscheibe wegen einem Ast, der sich durch die Scheibe gebohrt hatte, reparieren, was notdürftig mit einer Folie realisiert wurde. Zudem musste man feststellen, dass der allgemeine Trend für LED-Licht sich im Staub als wenig hilfreich erwies und man auf klassische Halogen-Strahler zurückgriff – wieder etwas gelernt.

Hier bei der Reparatur der zerstörten Windschutzscheibe – Vorteil MAN Kat1: Zweigeteilt!

Wir bedanken uns für die freundlichen Zusammenarbeit bei Marcus Hönig und seinem Team und wünschen dem familiär agierenden Hönig-Racing-Team weiterhin viel Erfolg und dass sie so bodenständig und sympathisch bleiben wie bisher.

Wer mehr über das Hönig-Racing-Truck-Team erfahren möchte, kann sich über ihre Facebook-Seite weiter informieren:  www.facebook.com/teamhoenig

Weitere Impressionen…


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Der KATZENBÄNDIGER himself: Marcus Hönig

Der ursprüngliche Platz fürs Reserverad wird nun für zusätzliche Reservekanister sowie
einem größeren Windhschutzscheiben-Wischwasser-Tank genutzt  

Bilder: OFFROADCRACKS, Hönig (1)