Reichen 50 Kubikzentimeter Hubraum fürs echte Gelände aus oder ist die Bezeichnung Racing nur ein Marketing-Gag?
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Die Schnapsglas-Klasse, wie man gerne zur 50er Zweitakter sagt, gab es im Endurosport tatsächlich. Nur hat sie hierzulande ihren einstigen Stellenwert im Jahre 1984 zum Leidwesen des Enduro-Nachwuchses wieder verloren, während man beispielsweise in Italien, Spanien und Frankreich bis heute die Jugend damit in dem Kampf gegen die Uhr ins Gelände schickt. Kein Wunder, dass die Top-Piloten aus diesen Ländern auch die Enduro-Weltmeisterschaft in den meisten Klassen dominieren, da sie bereits in jüngsten Jahren auf den Offroadsport eingeschworen werden. Wie im Geländesport üblich ist die notwendige Straßenzulassung unumgänglich. Und hier greift in Deutschland die Führerscheinklasse AM, die das Mindestalter auf 15 Jahre festlegt, den Hubraum mit maximal 50 Kubikzentimetern beschränkt und die Höchstgeschwindigkeit auf 45 km/h limitiert. Vorteil dieser Hubraumklasse ist die Tatsache, dass eine Anmeldung bei der zuständigen Zulassungsbehörde nicht notwendig wird, sondern hierfür ein kompaktes und günstiges Versicherungskennzeichen ausreicht.
Da uns die reduzierte Motorleistung samt Geschwindigkeitsbegrenzung hier weniger interessiert, bewegen wir die Beta RR 50 Racing mit offener Leistung. Das bedeutet laut Prüfstandsergebnis 6,4 PS Höchstleistung und 6,1 Newtonmetern Drehmoment. Damit zieht man natürlich keine Wurst vom Brot. Viel mehr entscheidend dabei ist, wann die Leistung einsetzt und wie groß der nutzbare Drehzahlbereich ist. Dass das funktioniert bewiesen nicht nur die WM-Fahrer ab 1962 wie beispielsweise Ernst Degner, der der erste 50er Enduro-Weltmeister wurde.
Im Wettbewerbs-Einsatz nutzt man den hier verbauten und bewährten Minarelli-Motor AM6 natürlich nicht in der Standard-Konfiguration, sondern pimpt auf Teufel komm raus. Je nach Regularien und Möglichkeiten spricht man beim unlimitierten Tuning mit über 80 Kubikzentimetern Hubraum dank neuem Zylinder-Kit, angepasster Kurbelwelle, Zündung und Vergaser-Update von bis zu 25 PS Spitzenleistung. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das wären theoretisch über 390 Prozent Leistungssteigerung. In klaren Zahlen würden das ein beeindruckendes Leistungsgewicht von 3,72 kg/PS bedeuten. Hier und jetzt verfügt die 50er Beta über 14,5 kg/PS. Geht da was?
Racing bedeutet auch bei Beta in der 50er Klasse Zwangsmischung und keine Getrenntschmierung wie beim Standard-Modell. Also rein mit dem Betriebsstoff, den handlichen Kickstarter betätigt und schon drellert die 50er mit konstanter Drehzahl vor sich hin.
Wer Vortrieb möchte, muss sich erst einmal an die 7000/min-Grenze begeben und dann marschiert die Kleine auch schon los. Das Sechsgang-Getriebe passt wie die Faust aufs Auge und ist in seiner Abstufung nirgends zu lang geraten. Doch die 50 Kubikzentimeter wollen bei Laune gehalten werden. Und schon geht’s ab ins Gelände und da überrascht die 50er doch mehr als gedacht. Hält man den Motor im oberen Drehzahlbereich, passt seinen Kupplungseinsatz an und rührt ordentlich im Getriebe, dann marschiert die kleine rote Rakete mit bis zu 70 km/h durchs Gelände. Auf der Straße sind es liegend ohne Gegenwind auch mal 78 km/h. Doch Offroad ist das ein Tempo, das Fahrer auf hubraumstärkeren Sportenduros durchaus staunen lässt und auch mich mit einer Körpergröße von 1,86m und 90 kg Körpergewicht samt Schutzkleidung nicht nur überrascht, sondern begeistert.
Das spielerische Handling und das geringe Gewicht lassen sie zu einem genialen Untersatz für alle Offroad-Spielereien werden. Klar, der kleine Motor muss auf Drehzahl gehalten werden, ansonsten geht kaum was. Doch auch hier überrascht das spürbare Drehmoment aus dem Drehzahlkeller, so dass auch niedrige Drehzahlen beim Durchfahren einer Ortschaft durchaus möglich sind.
LEISTUNGSDIAGRAMME
DREHMOMENTDIAGRAMME
ACHTUNG: Hierbei handelt es sich um eine Messung auf einem Dynojet 250i Prüfstand. Bitte beachtet bei einem Leistungsvergleich mit anderen Fahrzeugen, dass je nach Prüfstandmodell/-Hersteller Abweichungen von bis zu zehn Prozent auftreten können. Deshalb führen wir zu absoluten Transparenz unsere Messung stets auf dem gleichen Prüfstand unter identischen Bedingungen durch!
Was sticht heraus: Das hervorragend abgestimmte Fahrwerk, dass im klassischen Gelände auch mit 90 kg Fahrergewicht hausieren gehen kann.
Dazu kommen eine passende Bremsanlage und natürlich die gewohnte Ergonomie einer echten Sportenduro. Mit einer Sitzhöhe von gut 935 Millimetern gehört sie sicherlich zu den größten ihrer Gattung. Immerhin halten die Fahrwerkskomponenten vorne 265 Millimeter Federweg und hinten 255 bereit. Damit lässt sich definitiv was anfangen. Sprünge oder Kompressionen mit maximaler Beschleunigung aus der Kehre heraus nimmt sie wie eine Große.
Natürlich darf man es nicht übertreiben, doch es ist schon erstaunlich mit welchen Fahrleistungen und möglichen Manövern diese kleine Rakete den Fahrer überrascht. Eine gut 1,5 Kilometer lange Auffahrt auf feuchten Untergrund mit losen Felsbrocken und nassen Laub gespickt mit Serpentinen ähnlichem Verlauf: Zweiter Gang Vollgas bei Höchstdrehzahl ist das maximale bei der Anfahrt – ob’s fürs Ziel reicht? Es kann heikel werden, denn fällt die Drehzahl einmal ab, wird’s im Hang mangels Leistung schwierig, diesen Grundspeed wieder aufzunehmen. Also immer schön die Kupplung rechtzeitig und viel einsetzen, damit genügend Drehzahl, Kraft und Vortrieb anliegt.
Die Traktion ist dabei erstaunlich, denn Wheelspin ist mit 6,4 PS einfach Mangelware. An der letzten Kehre wird’s eng: Nasse Felsplatten, lose grobe Steine, feuchtes Laub und eine Steilheit, die mich in den ersten Gang zwingt. Jetzt heißt es nur noch Vollgas und nicht mehr Nachgeben. Mit geringer Geschwindigkeit, einem kreischenden Motor, dessen Kolben am liebsten aus dem Zylinder flüchten möchte, erklimmt die kleine Beta auch dieses Hindernis und verblüfft mich erneut. Der Spieltrieb ist geweckt und der Fahrspaß nimmt mit jedem Meter derart zu, so dass ich auch schon mal die begleitenden großen Sportenduros zeitweise ernsthaft herausfordere. Steil bergauf heißt auch steil bergab und das ist mit so einem Fliegengewicht ein Leichtes. Während ich schon unten angekommen bin und meine Pause genieße, schaue ich mir genüsslich das Treiben meiner Kollegen mit ihren leistungsstarken aber auch schwereren 350er und 450er Untersätzen an, die sichtlich mehr Mühe im bezwingen der Steilabfahrt haben.
TECHNISCHE DATEN
Technische Daten Beta RR 50 2023_OC_optimize
SERVICE-DATEN
Wartungsdaten - Beta RR 50 Racing 2023_OC_optimize
Was bedeutet das im Gesamtfazit?
Wer hätte das gedacht: Für 4.090 Euro bekommt man eine Sportenduro, die dank ihrer Gene eine Performance wie die Großen aufs Parkett zaubert. Egal ob Leichtmetall-Schwinge, voll einstellbare Fahrwerks-Komponenten oder ein passender Zweitakt-Sound. Die kleine 50er Beta im Racing-Trimm ist nicht nur ein optischer Werbe-Gag, sondern liefert tatsächlich die gewünschte Racing-Performance in nahezu allen Belangen. Alles in allem eine Sportenduro, die viel mehr kann als man von nur 50 Kubik erwartet und dadurch zu einer echten Empfehlung wird. Mich persönlich hat die kleine Italienerin begeistert, so dass ich jede freie Minute auf dieser roten Rakete verbracht habe – was für ein Fahrspaß.
BEWERTUNG
PLUSMINUS BETA 50 RR RACING 2023
PLUS
- Fahrwerkssetup
- Gute Verarbeitungsqualität
- Überzeugende Bremsanlage
- Spielerisches Handling
- Geringes Gewicht
- Enormer Fahrspaß mit hohem Lerneffekt
- Anschaffungspreis
MINUS
PHOTO GALLERIE
Weitere Infos unter: www.BETAMOTOR.com
Bilder: OFFROADCRACKS.com
Kleidung & Protektion: FXR-Racing, Leatt, Hostettler, Shot
Fahrzeug-Vorbereitung: Betamotor Italien
Leistungsmessung: MICRONSYSTEMS
„Wir bedanken uns für die professionelle Zusammenarbeit.“
Are 50 cubic centimeters enough for real offroad terrain or is the term ‚racing‘ just a marketing gimmick?
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The shot glass class, as people like to call the 50s two-stroke engine, existed in enduro sport indeed. Only in germany it lost its former status in 1984 to the chagrin of the enduro young guns, while in Italy, Spain and France, for example, young people are still being sent off-road with it in a fight against the clock. No wonder that the top pilots from these countries also dominate the Enduro World Championship in most classes, as they have been sworn into off-road sport from a young age. As usual in off-road sports, the necessary road approval is essential. And this is where the AM driving license class in Germany comes into play, which sets the minimum age at 15 years, limits the displacement to a maximum of 50 cubic centimeters and limits the top speed to 45 km/h. The advantage of this displacement class is the fact that a registration at the relevant registration authority is not necessary, but a compact and inexpensive insurance number is sufficient for it.
We are less interested in the reduced engine power and speed limit here, because we move the Beta RR 50 Racing with open power. According to the results of the test bench, this means a maximum output of 6.4 hp and 6.1 Newton meters of torque. Of course you don’t pull a sausage from the bread with that. Much more decisive is when the power starts and how big the usable rev range is. That this works was not only proven by the World Championship riders from 1962, such as Ernst Degner, who became the first 50 Enduro World Champion of Germany.
In competition use, the proven Minarelli AM6 motor installed here is of course not used in the standard configuration, but pimped out to hell. Depending on the regulations and possibilities, unlimited tuning with a displacement of over 80 cubic centimeters means a peak output of up to 25 hp thanks to a new cylinder kit, adapted crankshaft, ignition and carburetor update. You have to let that melt in your mouth first. Theoretically, that would be a performance increase of over 390 percent. In clear numbers, that would mean an impressive power-to-weight ratio of 3.72 kg/hp. Here and now the 50 Beta has 14.5 kg/hp. Is that enough to make something happen?
Even with Beta in the 50 class, racing means mixing and no separate lubrication as with the standard model. So in with the fuel, actuate the handy kick starter and the 50 is already spinning along at a constant rev speed.
If you want propulsion, you first have to get to the 7000 rpm limit and then the little one will start marching. The six-speed gearbox fits like a glove and its gradation is never too long. But the 50 cubic centimeters want to be kept happy. And off we go off-road and the 50s surprise us more than we thought. If you keep the engine in the upper speed range, adjust the use of the clutch and give the gearbox a good stir, then the little red rocket marches through the terrain at up to 70 km/h. Lying on the road without a headwind, it’s sometimes 78 km/h. But off-road, this is a speed that amazes riders on normal sports enduro bikes with bigger engines and not only surprises me, with a height of 1.86m and 90 kg body weight including protective clothing, but also inspires me.
The playful handling and the low weight make it an ingenious vehicle for all off-road gimmicks. Of course, the small engine has to be kept up to high revs, otherwise hardly anything works. But here, too, the noticeable torque from the low revs is surprising, so driving through a town at low revs is quite possible.
PERFORMANCE DIAGRAMS
TORQUE DIAGRAMS
ATTENTION: This is a measurement on a Dynojet 250iX test stand. When comparing performances with other vehicles, please note that deviations of up to ten percent may occur depending on the test bench model!
What stands out: The excellently tuned suspension setup that can be peddled in classic terrain even with a rider weight of 90 kg.
In addition, there is a suitable brake system and of course the usual ergonomics of a real sports enduro. With a seat height of a good 935 millimeters, it is certainly one of the largest of its kind. After all, the suspension components have 265 millimeters of travel at the front and 255 at the rear. This is definitely something to start with. It takes jumps or compressions with maximum acceleration out of the corner like a big one.
Of course you shouldn’t overdo it, but it’s amazing what driving performance and possible maneuvers this little rocket surprises the driver with. A good 1.5 kilometer long ascent on damp ground with loose boulders and wet leaves peppered with a kind of serpentines: second gear at full throttle at maximum speed is the most when approaching – is it enough for the finish? It can get tricky, because once the speed drops, it becomes difficult to pick up this basic speed again on the slope due to a lack of power. So always use the clutch just in time and a lot so that there is enough speed, power and propulsion.
The traction is amazing, because wheelspin is simply scarce with 6.4 hp. It gets tight at the last bend: Wet slabs of rock, loose, rough stones, damp leaves and a steep incline that forces me into first gear. Now it’s just full throttle and no more giving way. With low speed, a screeching engine, the piston which would like to escape from the cylinder, the little Beta climbs this obstacle as well and amazes me again. The play instinct is awakened and the driving fun increases with every meter, so that I sometimes seriously challenge the accompanying large sports enduros. Steep uphill also means steep downhill and that’s easy with such a flyweight. While I’ve already arrived at the bottom and am enjoying my break, I enjoy watching my colleagues with their powerful but also heavier 350 and 450 subsets, who obviously have more trouble conquering the steep descent.
TECHNICAL SPECS
Technische Daten BETA RR 50 RACING_OC_ENG_optimize
SERVICE INTERVALS
Wartungsdaten - Beta RR 50 Racing 2023_OC_ENG_optimize
What does that mean overall?
Who would have thought: For 4,090 euros you get a sports enduro that, thanks to its genes, conjures up performance like the big ones on the parquet floor. It doesn’t matter whether it’s a light metal swing arm, fully adjustable suspension components or a suitable two-stroke sound. The small 50 beta in racing trim is not just an optical advertising gimmick, but actually delivers the desired racing performance in almost every respect. All in all, a sports enduro that can do much more than you would expect from just 50 cc and is therefore a real recommendation. Personally, the little Italian fascinated me, so I spent every free minute on this red rocket – what driving fun.
RATING
PLUSMINUS BETA 50 RR RACING 2023
PLUS
- Suspension setup
- Good build quality
- Convincing braking system
- Playful handling
- Light weight
- Enormous driving fun with a high learning effect
- Purchase price
MINUS
PHOTO GALLERY
More information at: www.BETAMOTOR.com
Images: OFFROADCRACKS.com
Gear & protection: FXR-Racing, Leatt, Shot
Vehicle preperation: Betamotor Italy
Performance test: MICRONSYSTEMS
„We say thank you for the professional cooperation“