Richtig gehört! Bernd Schäfer und Alexander Schönbrunn – letzterer auch als Schöni bekannt – bilden das Fahrer/Co-Piloten-Duo des Teams „The Crazy Germans“ und haben es im ersten Jahr ihrer Ultra4-Saison auf einen beeindruckenden 3. Gesamtrang in der mächtig umkämpften 4400er Kategorie – die Königsklasse – geschafft. Damit haben sie sich als bestes Team Deutschlands für King of Hammers 2020 in den USA qualifiziert, so dass es im Januar in das spektakuläre Offroad-Mekka Johnson-Valley (Kalifornien) geht. Den Transport übernimmt ULTRA4, so dass es nur noch heißt ab in den Flieger, um in den USA im Januar die Kuh beim wohl größten und spektakulärsten Offroad-Event Amerikas fliegen zu lassen!
Doch zuvor ein Blick zurück auf das extrem materialfordernde Finale in Polen: KING OF POLAND!
Am Mittwoch hieß es nach einer langen Anreise, Racetruck abladen und Zelte für das kommende „nervenaufreibende“ Rennwochenende aufbauen, denn bereits am Donnerstag ging es für alle ULTRA4-Teilnehmer zu einer Promotion-Ausfahrt in die nahegelegene Stadt Olszyna. Hier konnten alle Interessierten die mächtigen V8-Boliden bestaunen und sogar in den PS-Monstern Probe sitzen.
Anschließend bewegte sich der komplette Tross mit einer exklusiven Polizeieskorte in das neun Kilometer entfernte Örtchen Lauban in dessen Ortsmitte eine Startrampe für den obligatorischen Showstart aufgebaut war. Sowohl das polnische Fernsehen als auch der Bürgermeister ließen es sich nicht nehmen jeden einzelnen Fahrer den zahlreichen Zuschauern vorzustellen und darüber zu berichten.
Am Abend hieß es dann für den Prolog auf der Offroadstrecke in der Nähe von Olszyna anschnallen. Hierbei ging es um gezeitete Runden auf einem auf zwei Kilometer verkürzten Kurs, der für die Zuschauer optimal einsehbar war und ein beeindruckendes Spektakel darbot. Dabei galt es mal richtig das Gaspedal durchzudrücken, was für das deutsche Team nach getaner Arbeit Platz 5 bedeutete – denn das Thema SPEED beherrscht man aus dem Effeff. Somit wurde auch gleich anhand der Prolog-Platzierungen die Startreihenfolgen für den ersten Lauf am Freitag festgelegt.
Das bedeutet aber nicht zurücklehnen und am Isogetränk aus brauner Flasche mit einem Inhalt nach dem bayerischen oder polnischen Reinheitsgebot nuggeln. Sondern eher ran an den Speck, den Racetruck nochmal komplett durchschauen, Verschraubungen, Leitungen und Kühlerschläuche prüfen, auftanken und alle Flüssigkeiten kontrollieren.
Diese Art von Sport ist mit Schmutz & Staub verbunden und geht in alle Poren!
Erst danach spät am Abend wurde für das gesamte Team der Grill zum Glühen gebracht und man philosophierte über den vergangenen Tag und was wohl fürs Rennen zu erwarten ist.
Am Freitag früh hieß es nach einer kurzen Teambesprechnung samt festgelegter Strategie auf los geht’s los. Das Fahrzeug wurde nochmal gecheckt, der Sprechfunk zwischen Fahrer, Beifahrer und Team im Paddock getestet und die Helme vorbereitet. Anschließend ruft auch schon die Startaufstellung! Pünktlichkeit ist hier ein Muss, ansonsten heißt es Zwangspause für diejenigen, die zu spät kommen…
Bereits in der ersten Runden platzierte sich das Duo Schäfer/Schönbrunn ganz weit vorne, als auf dem 15 Kilometer langen Kurs während einer Highspeed-Passage plötzlich der Keilriemen absprang. Folge? Die voll hydraulische Lenkung war nicht mehr zu bewegen, da die entsprechende Pumpe nicht mehr angetrieben wird und somit der notwendige Öldruck gegen Null abfiel. Da dieser lebenswichtige Riemen nur abgesprungen und nicht gerissen war, hieß es mit flinken Fingern diesen wieder auf die jeweiligen Riemenscheiben wuchten und schon ging’s es für den V8 mit Vollgas weiter. Doch schon nach einer halben Runden wollte sich der Riemen erneut aus dem Staub machen. Da man aber in der Nähe des Paddocks liegen geblieben war, konnte man gleich Werkzeug zum Spannen des Keilriemens organisieren und nach getaner Arbeit das Rennen wieder aufnehmen. Jetzt blieb der Riemen endlich zuverlässig an Ort und Stelle und die Zeitenjagd konnte beginnen. Schon von weitem hörte man die Jungs mit ihrem V8 Small-Block in höchsten Drehzahlregionen agieren – dabei ist nicht zu vergessen, dass man sich auch noch einen Plattfuß eingefangen hatte!
Massive Felsbrocken – beinahe Radgröße – mussten im künstlichen Steinfeld und weiteren Extrem-Sektionen bewältigt werden. Doch irgendwann ist auch für Allrad, Sperren und fahrerisches Können Schluss, so dass die MB-Corse-Seilwinde sich beweisen musste. Doch leider brach die Spannungsversorgung zusammen, so dass es einen kompletten Shut-Down gab und nichts mehr ging. Nur dank des TEAM Rocco aus Italien und dem Team Phoenix aus England gab es Starthilfe, so dass die Extrem-Passage für den Windeneinsatz bewältigt werden konnte. Nun hieß es mit maximal sanfter Gangart bei minimaler Batterie-Restspannung und einen viel zu geringem Benzindruck – zwischen 1 und 2 bar – zurück in die Box zu humpeln. Der Motor sträubte sich natürlich massiv wegen mangelnder Kraftstoffversorgung und das Endergebnis war zum Haare raufen – vorletzter Platz!
Zwei Stunden Pause bis zum nächsten Race: Bei näherer Betrachtung der Spannungsversorgung am Racetruck war die Ursache Gott sei Dank schnell gefunden: Die Lichtmaschine war mal wieder der Übeltäter, wie schon einmal in dieser Saison. Doch auch hier kann man sich auf das kollegiale Miteinander bei der ULTRA4-Rennserie verlassen und das Nachbarteam Phoenix aus England in Persona Mark Dean und Vievienne Hodkinson holten aus ihrem eigenen Ersatzteillager eine neue Lichtmaschine hervor und überließen diese „The Crazy Germans“. Jetzt hieß es schnell einbauen, den Ladestrom prüfen und es wurden korrekte 14,5 Volt auf dem Messgerät angezeigt.
„Just in Time“ schaffte es das Fahrerduo Schäfer/Schönbrunn in die Startaufstellung. Und mit dem Messer zwischen den Zähnen wurde alles gegeben, ohne das Material zu überfahren. Resultat? Von Platz 12 auf Platz 6 vorgefahren. Doch wer zu früh an den Erfolg glaubt wird hart bestraft. Und so erging es dem auftrumpfenden deutschen Team, dass bei einem Überholmanöver ein maximales Schlammloch übersah, aus dem man selbstständig nicht mehr entrinnen konnte. Da bedurfte es schon gröberes Bergungsgerät wie beispielsweise der MAN Kat 1 vom Bergeteam LUST, den wir bestens von der Rallye-Breslau kennen.
Schon wieder war die Aufholjagd vorzeitig beendet und die Stimmung nicht gerade auf dem Höhepunkt der Gefühle. Zweiter Ausfall in zwei Rennen – schlimmer ging’s nicht für das stark gebeutelte deutsche Team. Wer die Jungs aber etwas näher kennt, weiß dass es Aufgeben nicht gibt und das Potential ihres Racetruck problemlos für die Spitze gut ist. Nach der Befreiungsaktion aus dem Schlammloch wurde die Runde zu Ende gefahren – Ergebnis: Letzter Platz!
Im Paddock wurde kurz einen Teambesprechnung abgehalten, um anschließend gezielt die Schraubenschlüssel zu schwingen. Natürlich musste auch der Schlamm und Dreck entfernt werden, die Bremsen gereinigt und alles gegengecheckt werden, denn das Shootout um 19:30 Uhr nahte. Dabei fiel auf, dass der Stabilisator stark in Mitleidenschaft gezogen war und deshalb kurzer Hand demontiert wurde.
Da aber nicht nur „The Crazy Germans“ mit Defekten zu kämpfen hatten, sondern zahlreiche Teams Reparatur-Arbeiten durchführen mussten wurde das Shoout-Out-Race von der vorausschauenden Orga abgesagt. Damit hatte man genügend Zeit, den Racetruck nochmal komplett durchzuprüfen. Natürlich wurde im offenen Fahrerlager Fragen der Zuschauer beantworten und Kinder hatten die Möglichkeit in den PS-Boliden Platz zu nehmen, was für eine großartige familiäre Atmosphäre sorgte. Da ein Ausfall am Samstag zu 100 Prozent ausgeschlossen werden musste, kontrollierte man am Abend immer wieder alle Bereiche am Fahrzeug von Neuem – jetzt musste es doch endlich klappen!
Drittes Rennen: Im 30 Sekunden Abstand wurde gestartet und das deutsche Team stand am Ende der Startaufstellung. Von Anfang lief der Racetruck nahezu perfekt, bis es ein ungewöhnliches Geräusch von der Hinterachse gab – kündigte sich schon wieder das vorzeitig Aus an?
„The Crazy Germans“ in Action – sorry für die mindere Video-Qualität
Nach einem kurzen Stopp stellt sich nach Sichtung heraus, dass der Anti-Rock gebrochen war. Die Info ging direkt per Funk zur Boxencrew, um auf der Runde einen kurzen Boxenstopp samt Demontage vorzunehmen, was nur wenige Sekunden Zeit in Anspruch nahm. Schon ging es erneut auf die Strecke und am Schluss konnte man mit einem erfolgreichen und zufriedenstellenden dritten Platz aus dem 3. Rennen gehen.
Erneut gab es nur ein Zeitpolster von zwei Stunden bis zum vierten Rennen. Der Anti-Rock ist auf Grund der hohen Materialbeanspruchung über die komplette Saison gebrochen, so die einhellige Diagnose. Durch die nun nicht mehr vorhandenen stabilisierenden Elemente glich die Fahrt eher einer Badewanne auf hoher See. Alles andere am Fahrzeug funktioniert jedoch perfekt – der vierte Lauf konnte also kommen, denn „The Crazy Germans“ waren mehr als bereit.
Mit dem sensationellen dritten Platz wurde zusammen mit den Favoriten Jim Marsden (Gigglepin Racing) und Cedric Porcher (Mud Racer Racing) gestartet . Mit ständigem Kontakt zur Boxencrew wussten man, dass sich der Abstand zu denn Verfolgern jeder Runde um 20 weitere Sekunden vergrößerte. Das waren ideale Infos, denn der dritte Platz war das vorgegeben Ziel für das vierte Race. Doch plötzlich wurden gelbe Flaggen geschwungen. Was war passiert? Der Führende Jim Marsden hatte einen gebrochenen Anti-Rock und der Zweitplatzierte Cedric Porcher stand vier Kilometer weiter mit gebrochener hinterer Steckachse auf der Strecke. Das bedeutete Platz 1 für „The Crazy Germans“, was man erst gar nicht glauben konnte. Jetzt hieß es Platz Nummer 1 sicher ins Ziel bringen. Doch auch das dahinter platzierte Team Fire Ant mit Jaap Betsema wusste darum und gab jetzt ordentlich Gummi. Mit einer vorausschauenden Fahrweise musste noch eine 7. Runde absolviert werden, was aber einen Tankstopp notwendig machte. Jetzt galt’s, denn niemand wusste, ob Jaap weiterfahren konnte oder ebenfalls auftanken musste.
HIGHSPEED-Sektion für den Sieg mit Vollgas!
Im Dauerstress am Funk wurde diskutiert auf Teufel komm raus und das Zeitpolster für einen Tankstopp kalkuliert. Fazit: 30 Sekunden Tankstopp bei einem Vorsprung von 2 Minuten und 20 Sekunden mussten reichen, um die Führung zu behalten. Exakt 30 Sekunden dauerte der Befüllvorgang auch und schon ging’s zurück auf die Strecke, denn Jaap war direkt dahinter, aber Bernd Schäfer konnte noch vor ihm in die Strecke fahren. Da Jaap nicht tankte blieb er leider einen Kilometer später wegen Spritmangel liegen und der heiße Kampf um den Sieg blieb leider aus. Das hieß erstmals eine ruhige und konzentrierte Fahrt ins Ziel auf Platz 1 in dieser Saison. Die Freude war entsprechend groß nach diesen anfänglichen Startschwierigkeiten, die einer wahren Odyssee glich!
ZIELSPRUNG zum Sieg – der erste Platz ist sicher!
Das Ganze steigerte sich noch zu einem exstatischen Ausmaß nachdem die Orga der Ultra4 die Jahreswertung bekannt gab. Denn „The Crazy Germans“ hatten in der Gesamtwertung der 4400er Klasse in ihrem ersten Ultra4-Jahr den dritten Platz belegt und waren somit für das größte und berüchtigtste Offroad-Rennen „King of Hammer 2020“ in den USA qualifiziert. Mittlerweile laufen schon alle Vorbereitung für die Verschiffung von Racetruck und Material für dieses Mega-Event. Mehr dazu folgt im Januar mit zeitnaher Berichterstattung!
Auf geht’s nach Johnson Valley Kalifornien und herzliche Glüchwunsche an Bernd Schäfer, Andreas Schönbrunn sowie dem gesamten Team im Hintergrund!
VIDEO-Highlights KING OF POLAND 2019: LINK
Quelle / Source: Schäfer, Ultra4
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