Der Mannschaftstransporter Steyr 12M18 des österreichischen Bundesheer mausert sich immer mehr zu einer hervorragende Basis als Expeditionsmobil für härteste Bedingungen.

Steyr? War und ist Steyr nicht eigentlich im Offroad-Sektor für seinen Pinzgauer 4×4 und 6×6 bekannt? Das ist korrekt. Aber der Name Steyr ist mittlerweile auch im Segment der Expeditionsmobile zu einem Begriff geworden. Speziell der 12M18 stellt heutzutage eine begehrten Ausgangsbasis dar. Warum? Ganz einfach: Permanenter Allradantrieb, drei Differentialsperren, ZF-Achtgang-Getriebe plus Kriechgang und VTG. Dazu kommt ein robuster Sechszylinder-Reihen-Turbodiesel mit 180 PS und satten 630 Newtonmetern bei einem Leergewicht von knapp 6,4 Tonnen.


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TECHNISCHE KURZDATEN

ERSATZTEILPREISE (STAND 2016)

FÜHRERSCHEINKLASSE / ZULASSUNG / REISEGESCHWINDIGKEIT (STAND 2016)


Die großvolumige Fahrerkabine wurde leicht modifiziert für den späteren MAN L2000 herangezogen.

Die große komfortable Fahrerkabine und eine möglichen Zuladung von über fünf Tonnen unterstreicht seine Fernreisetauglichkeit. Bedeutet: Alle technischen Notwendigkeiten zur Bewältigung schwerer Geländeabschnitte sind bereits gegeben und aufeinander abgestimmt. Für die angedachte Weltreise oder den Trip in die Wüste fehlt nur noch eine Reichweitenerhöhung in Form eines zweiten oder größeren Tanks, eine Höherlegung der Luftansaugung – ein Zyklonfilter ist bereits ab Werk vorhanden und natürlich die notwendige Wohnkabine in Form eines Shelters – zu deutsch Unterkunft, die in Form eines Militärcontainers oder einer speziell dafür gefertigten Wohnkabine realisiert werden kann. Im Großen und Ganzen recht beeindruckende Daten, womit der Steyr das Wirkungsfeld eines Unimogs betritt und dem Platzhirsch in dieser Klasse gehörig einheizt.

Steyr konnte 1987 das ein oder andere Militär mit seinen robusten LKW so beeindrucken, dass beispielsweise ein Großauftrag über 1.200 Militär-LKW mit der kanadische Armee abgeschlossen werden konnte. Mitte der 80er Jahre kam die Stunde des 12M18 in verschieden Ausführungen. Das amerikanische Militär beschloss das Segment der FMTV, ausgeschrieben Family of Medium Tactical Vehicles, zu modernisieren. Da es aber nur amerikanischen Firmen vorbehalten war an dieser Ausschreibung teilzunehmen, bestand für Steyr nur eine Möglichkeit in Form einer Zusammenarbeit mit einer amerikanischen Firma. Stewart&Stevenson aus Houston war spezialisiert auf die Montage von Sonderfahrzeugen und wurde Partner von Steyr.

Massive Voderachse mit integrierter zuschaltbarer Differentialsperre

Da die Anforderungen des amerikanischen Militärs alles andere als mäßig waren, musste auf Basis des 1986 präsentierten Steyr 12M18 ein angepasstes Fahrzeugkonzept entwickelt werden. Die Anforderungen waren enorm: Ein Fallschirmabwurf aus einem Flugzeug, Umgebungstemperaturen von -45 und +50 Grad Celsius und die Tauglichkeit für einen Hubschrauber-Transport mussten genauso gegeben sein. Die gefertigten Prototypen überzeugten auf Anhieb was dazu führte, dass die größte Armee der Welt mehr als 60.000 Steyr-LKW bestellte.

Lastabhängig gesteuerte Hinterradbremse – ausgelegt für eine gebremste Zuglast von 10 Tonnen

Was macht also den 12M18 gegenüber seiner Konkurrenz so interessant? Das Fahrzeugkonzept ist einfach gesprochen überdimensioniert. Das hat zur Folge, das beispielsweise weder die Achsen noch die Differentiale jemals mit den 180 PS überfordert werden – korrekte Handhabung vorausgesetzt. Was natürlich auch für alle anderen Komponenten wie beispielsweise für die vier Scheibenbremsen, das Getriebe sowie Rahmen und Peripherie gilt. Denn das Herzstück gab es bei den zivilen Steyr-LKW’s mit deutlich mehr Leistung ab Werk. Kurz um: Nach oben ist noch viel Luft für eine härtere Gangart.

Reihen-Sechszylinder-Turbodiesel ausgelegt für 600.000km Laufleistung (180 PS & 630 Nm)

Diese Tatsache ist für einen Trip in entlegene Gegenden der Welt mehr als beruhigend. Im Einsatz: Ein luftgefederter Fahrersitz, das übersichtliche Cockpit und die groß dimensionierte Fahrerkabine gefallen auf Anhieb. Wie bei nahezu jedem hydropneumatischen Zweikreis-Bremssystem muss zunächst der Luftdruck im System angepasst werden bevor die auf die Hinterachse wirkenden Federspeicher der Feststellbremse die Bremsscheiben frei geben. Zweiter Gang eingelegt – der erste Gang ist im unbeladenen Zustand nicht nötig – und schon bewegen sich die knapp 6,4 Tonnen relativ zügig voran.

Beim Wechsel vom vierten in den fünften Gang wird in die große Schaltgruppe gewechselt was von einem typischen Zischgeräusch durch Ablassen von Luft begleitet wird. Mit über 80 km/h auf der Landstraße lässt sich der 12M18 einfach und sicher bewegen. Wer es eilig hat kann auch auf bis zu 105 km/h beschleunigen. Die Außenmaße sind dank kastenförmiger Bauweise schnell erkannt und machen auch in engen Ortsdurchfahrten und bei Gegenverkehr von Gleichgesinnten kein Problem. Sowohl die Kupplung- als auch die Fußbremshebelbetätigungskraft bewegt sich auf üblichen Niveau. Runter von der Straße geht es in angestammtes Gelände. Mit kontinuierlichem Vorwärtsdrang und eingelegter Hinterachs-Sperre sowie Kriechgang schiebt sich der 12M18 einen bewachsenen Hang überraschend einfach hinauf. Ein 1,5 Meter hoher Absatz: Trotz losem Untergrund verliert dieser mit Kriechgang und allen drei eingelegten Sperren seine Widerspenstigkeit. Das 180 PS starke Aggregat passt hervorragend zum 12M18. Eigentlich muss man eher über die 630 Newtonmetern sprechen, denn die sind für das souveräne Auftreten des Steyrs im Gelände verantwortlich.

Sicherlich gibt es noch diverse Verbesserungsmöglichkeiten, wie beispielsweise eine 14.00 R20 Bereifung, die eine Reisegeschwindigkeit von deutlich über 100 km/h zulässt und zudem für extra Bodenfreiheit sorgt – ob aber dann noch die Motorleistung ohne Tuning ausreicht?

Zwei Ölfilter für ein Motor-Ölvolumen von 15 Litern.

Außerdem kann für sehr lange Reisen über mehrere tausend Kilometer die Drehzahlreduzierung bei gleicher Geschwindigkeit auf Grund des größeren Abroll-Umfangs für ein wirtschaftliches Plus hinsichtlich des Verbrauchs sorgen. Dieser ist mit der Serien-Bereifung je nach Fahrweise und Zuladung bei 20 Liter anzusiedeln – entsprechende Fahrweise vorausgesetzt.

TECHNISCHE KURZDATEN

Technische Kurzdaten Steyr 12M18 ©Offroadcracks

Die ursprünglich mit Trommelbremsen ausgestatteten Bundesheer-Fahrzeuge wurden auf Scheibenbremsen umgerüstet.

Für die Ersatzteilversorgung ist bestens gesorgt. Denn hier hat MAN nach der Übernahme von Steyr das Sagen und somit können alle Ersatzteile über das weltweite Händlernetz geordert werden. Günstiger ist es auf Ersatzteile des Militärs zurückzugreifen.

ERSATZTEILPREISE (STAND 2016) & FÜHRERSCHEINKLASSE

E-Teil-Preise und zusätzl. Infos Steyr 12M18 ©OFFROADCRACKS

Die Aigner GmbH mit Sitz im bayerischen Falkenberg ist spezialisiert auf den Steyr 12M18. Hier zählt nicht nur die Beschaffung von soliden Fahrzeuge aus österreichischen Armeebeständen, sondern auch die Ersatzteilversorgung sowie die Möglichkeit den 12M18 nach speziellen Wünschen umbauen zu lassen zum Aufgabengebiet.

Das Urgestein Franz Aigner selbst ist seit Jahrzehnten spezialisiert auf Expeditions- und Fernreisemobile sowie Rallye-Fahrzeuge (Rallye-Breslau). Nicht umsonst vertrauen weltweit agierende Hilfsorganisationen auf die Dienste der Aigner GmbH.

Der von uns getestete Steyr 12M18 ist abhängig vom Zustand ab 17.000 Euro zu bekommen. Im Vergleich zur Konkurrenz biete er dort außergewöhnlicher Fahrspaß, wo manch anderes Gefährt bereits den Dienst versagt.

Weiterführende Infos unter: www.aigner-trucks.com

Impressionen…

Eine verstellbare Lenksäule sowie der serienmäßige luftgefederte Sitz ermöglichen eine individuelle Anpassung.

Jeweils vier Parabelfedern pro Seite sorgen für die dynamische Aufnahme von 5 Tonnen Nutzlast: Durch den Abstand zwischen den einzelnen Lagen wird Korrosion auf Grund von Materialabrieb bei Reibung vermieden