
Frühmorgens, nachdem wir aus dem Bett gestiegen waren und den alltäglichen Wetter-Check machten, war schnell klar: Heute ist der Wettergott nicht ganz so gut gestimmt und schickt einige Wolken über die Nordsachsen-Stadt Dahlen. Regenwolken? Auch wenn die Prüfungen in diesem Jahr sehr flüssig und gelungen waren, hätte eine „Bewässerung von oben“ die Herausforderungen deutlich verschärfen können. Und wir dürfen nicht vergessen: Am zweiten Renntag war es endlich so weit – die legendären Schlammlöcher wurden wieder in die Etappe aufgenommen. Wer diese kennt, weiß, dass Regen ein entscheidender Faktor sein kann. Wenige Millimeter Niederschlag machen hier den Unterschied zwischen fahrbarer Enduropassage und völligem Chaos.
Den Zuschauern war das Wetter herzlich egal. Schon früh pilgerten sie zu den besten Stellen rund um die Etappe und fieberten dem Kampf „Fahrer gegen Schlamm“ entgegen. Auch wenn es am Samstag durchweg positives Feedback zur Veranstaltung gab, merkte man den Fahrern und Fahrerinnen die Ehrfurcht vor den fiesen Schlammlöchern an. Wir sind uns sicher: Das ein oder andere Gebet für trockene Verhältnisse wurde an den Wettergott gerichtet.
Die Vorzeichen für den zweiten Fahrtag standen also: Die Fans wollten Action – nicht nur auf den Prüfungen, sondern auch Durchhaltevermögen in den Schlammpassagen. Die Fahrer hingegen waren heiß auf eine Top-Platzierung – der Blick fest aufs Wetterradar gerichtet.
Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk wurden die ersten beiden Fahrer, Jeremy Sydow und Luca Fischeder, von Nico mit den Worten „Motoren an“ in den Tag geschickt. Drei Runden mit insgesamt neun Prüfungen standen erneut auf dem Programm. Nachdem Luca am Vortag sichtlich enttäuscht über seinen Sturz im letzten Test war, versprach der Zweikampf um die Enduro-Krone Deutschlands wieder Spannung.
Fischeder kämpft, Sydow siegt
Dürfen wir euch etwas Neues berichten? Leider nein – Jeremy war erneut das Maß aller Dinge. Hochmotiviert, bestens gelaunt und einfach unschlagbar sicherte sich der Sherco-Pilot alle Bestzeiten und unterstrich seine aktuelle Form. Auch wenn Luca alles gab und auf einen Fehler seines Konkurrenten hoffte, marschierte der junge Chemnitzer fast furchteinflößend souverän durch den zweiten Veranstaltungstag. Nach zwei kleinen Patzern von Luca war die Frage nach dem Gesamtsieg schnell geklärt: Jeremy sicherte sich mit rund 50 Sekunden Vorsprung den vierten Sieg in Folge.
Freudestrahlend berichtete Jeremy nach dem Rennen: „Auch der zweite Tag lief wieder perfekt. Neun von neun Prüfungen konnte ich gewinnen und somit den Gesamtsieg holen. Es hat richtig Laune gemacht – vor allem mit den vielen Fans, die uns lautstark angefeuert haben. Ein wichtiger Sieg für mich und ein hervorragender letzter Test vor dem WM-Auftakt. Es tut gut, mit einem guten Gefühl nach Portugal zu reisen. Jetzt folgt erst mal eine lange Pause in der DM, aber langweilig wird’s nicht – ich habe große Ziele bei der WM und hoffe, diese erreichen zu können.“
Plätze eins und zwei im A-Championat bleiben also weiterhin fest in deutscher Hand. Eine Überraschung auf dem dritten Podestplatz gab es nicht: Der Tscheche Matyas Chlum belegte erneut Rang drei. In der Gesamtwertung gab es somit keine Veränderungen – was aber nicht heißt, dass es ein langweiliger Tag war! Im Gegenteil. Alle Ergebnisse hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb: Schaut selbst in die Listen und fiebert mit euren Favoriten mit. Das Ergebniskarussell dreht sich weiter – und verspricht eine spannende Saison.
Roster, Regen, Racing – Stimmung pur in Dahlen
Gegen Mittag wurde es dann ernst: Petrus öffnete seine Pforten. Dem Großteil der Zuschauer war das herzlich egal – bei bester Stimmung versammelten sich hunderte Schaulustige an den berühmten Schlammlöchern. Mit einer Roster in der einen und einem Kaltgetränk in der anderen Hand wurde bei bester Laune mitgefiebert. Auch wenn manch einer sich mehr feststeckende Motorräder gewünscht hätte, muss man den Streckenbauern attestieren: Sie zeigten sich gnädig bei der Spurenwahl. Die Löcher waren trotz Regen gut fahrbar – ohne ihren typischen Charakter zu verlieren.
Highlight des Tages: das Bortewitzer Schlammlöcher-Paradies. Ein schlammbedecktes Feld mit tiefen Rillen und zunehmend weicherem Boden. Hier war Spurenwahl alles. Und wer am Wassergraben am Ende des Feldes ankam, hatte zwei Optionen: Mit Mut drüberspringen – oder durchfahren und hoffen, nicht steckenzubleiben. Wer zögerte, versank schnell in der braunen Masse. Doch mit viel Erfahrung, kreischenden Motoren und helfenden Händen schafften es alle Bikes wieder heraus.
Sekundenkrimi im B-Championat
Auch hier wiederholte sich ein bekanntes Bild – Luca Reinhold holte sich wie schon in Itterbeck souverän den Sieg und dominierte fast alle Prüfungen. Herzlichen Glückwunsch zum vierten Sieg im vierten Rennen!
Spannender wurde es auf den weiteren Plätzen: Lukas Riedißer, ursprünglich Motocrosser, war in Dahlen ein starker Gegner. Erst seit Kempenich 2024 dabei – damals noch mit der 125er seiner Freundin Larissa Mayer – ist er nun fest entschlossen, die komplette Saison zu fahren. Der Zweikampf mit Luca war eng, am Ende fehlten ihm nur wenige Sekunden zum Sieg. Solche knappen Duelle machen den Sport aus – Fahrer, Helfer und Zuschauer fiebern bis zum letzten Meter mit.
Das Podium komplettierte Janik Koßack, der sich nicht nur über Rang drei im B-Championat und den Klassensieg in E1B freuen durfte, sondern sich in Meltewitz mit einem riesigen Satz auch den inoffiziellen Weitsprung-Contest sicherte. Ohne Zweifel: Janik flog am weitesten und sorgte für offene Münder im Publikum.
Dirk Peter kündigt Aufholjagd an
Sirko Bühnemann zeigte sich in Topform – trotz kürzlicher Schulter-OP nach Itterbeck. Ein Kämpfer durch und durch. Auch wenn er eigentlich lieber Sand fährt, war ihm an diesem Tag niemand gewachsen. Selbst Dauerbrenner Dirk Peter, seit 26 Jahren für das Sturm Racing Team am Start, musste sich geschlagen geben: „Heute war nichts zu holen“, so Dirk nach dem Rennen. „Sirko war einfach schneller – über den ganzen Tag. Am Ende fehlte mir auch die Fitness. Diesen Winter war der Antrieb nicht ganz da, aber Spaß hat’s trotzdem gemacht. Jetzt nutze ich die Sommerpause, um wieder mehr auf dem Bike zu sitzen. Waldkappel kommt – und da wird’s wieder ein schöner Kampf zwischen uns!“
Laura Soller mit weißer Weste
Auch bei den Damen war ordentlich Feuer drin. Nachwuchstalent Lea Meier schielte auf den Sieg, doch wie am Samstag hatte Laura Soller das bessere Ende für sich. Sie gab in Dahlen ihr Saisondebüt – und das mit Vollgas. Unsere letztjährige ISDE-Teilnehmerin dominierte alle Prüfungen und zeigte sich bei der Zieleinfahrt überglücklich: „Ein hervorragendes Wochenende geht zu Ende. Am Samstag war ich noch etwas aufgeregt, aber nach den ersten Zeiten war die Nervosität weg. Ich hätte nie gedacht, dass mir Endurofahren so viel Spaß macht! Vielleicht fahre ich ja die ganze Saison – mal sehen, aber nach diesem Erfolg stehen die Chancen gut.“
Eine großartige Veranstaltung rund um Dahlen ging am Sonntagabend zu Ende. Die Zuschauer wurden mit feinster Enduro-Action belohnt und auch die Fahrer traten mit vielen positiven Eindrücken die Heimreise an. Besonders die neugestalteten Prüfungen brachten die Veranstaltung auf ein neues Niveau. Ein großes Lob an den MSC Dahlen, der mit viel Hingabe zwei fantastische Renntage organisiert hat – ein Enduro-Spektakel der Extraklasse!
Pause mit Vorfreude: Waldkappel, wir kommen!
Jetzt heißt es: warten. Nach zwei Top-Veranstaltungen startet die Deutsche Enduro Meisterschaft in die Sommerpause. Weiter geht’s Anfang September in Waldkappel, wenn es wieder heißt: Motoren an!